Auf Entdeckertour durch die Böhmische Schweiz

2020 ist ein Jahr, wie kein anderes. Lange Zeit durften wir, zum ersten Mal in meinem Leben, nicht verreisen, uns nicht weiter als 15 Kilometer vom eigenen Wohnort entfernen. Nun ist das Reisen – nicht nur innerhalb Deutschlands – wieder möglich. Und die Lust, die Welt zu entdecken, noch ein wenig größer – weil es nicht mehr selbstverständlich ist. Und wie entdeckt man Landstriche am besten? Natürlich per Pedes. Treue Begleiter sind dabei stets die verschiedenen Rother Wanderführer. Nun kann man mithilfe der kleinen roten Bücher ein neues Gebiet entdecken: die Böhmische Schweiz.

Kaj Kinzel hat sich auf den Weg gemacht und dieses Gebiet, zu dem sich von uns aus sogar mitunter ein Tages- oder Wochenendausflug lohnt, entdeckt. Auf insgesamt 50 Touren (8 leichte, 32 mittlere, 10 schweren) kann man nun selbst die Böhmische Schweiz durchstreifen.

Was mir am Wanderführer direkt aufgefallen ist, ist das frische moderne Rother-Design, welches sich der Verlag zu seinem 100-Geburtstag gegönnt hat. Dazu gehört neben einem überarbeiteten Logo und einer klareren Schrift auch, dass die Top-Touren des Wanderführers, nun eine ganze Doppelseite mit Bildern bekommen haben. Ich finde, dies ermöglicht nicht nur einen ersten, ganz kleinen Eindruck von den Touren, sondern zeigt auch bereits am Anfang des Wanderführers, welche Bandbreite an Landschaften den Wanderer in der Böhmischen Schweiz erwarten. So laden die ausgewählten Touren natürlich zum bekannten Prebischtour ein, aber auch in die wilde Natur des Nationalparks oder zu Gipfeln, die mit einem grandiosen Ausblick bis ins Riesengebirge locken.

Vor den Tourenbeschreibungen findet sich, wie gewohnt, der allgemeine Teil. Kai Kinzel empfiehlt explizit zusätzliche Karten zum Wandern, da im Böhmischen zahlreiche Touren auf Streckenwanderungen ausgelegt sind, im Wanderführer aber Rundtouren daraus gemacht wurden, was wiederum bedeutet, dass manche Strecke unmarkiert ist und daher größere Anforderungen an die Orientierung stellt. Es folgen Ausführungen zur Anreise mit den Öffentlichen Verkehrsmittel oder zu kleinen Strecken mit noch in Betrieb befindlichen Museumsbahnen. Wichtig sind auch Kinzels Zeilen zum Bezahlen zum CZ-Kronen, den je mehr man ins tschechische Landesinnere gelangt, desto mehr ist man auch auf die dortige Währung angewiesen, während man im Grenzgebiet noch leicht mit Euro zahlen kann. Weiterhin aufgeführt sind einige Infos zur Verständigung, zur Einkehr und zu Übernachtungsmöglichkeiten. Schade fand ich, dass man auf den Bildern des Wanderführers, die übrigens allesamt sehr gelungen sind, oftmals zwei große Hunde entdeckt. Ich denke, dass Kinzel mitunter mit den Vierbeinern auf Entdeckungstour war – warum es dann aber nicht wenigstens einen kurzen Abschnitt zum Wandern mit Hund gibt, ist mir leider unverständlich.

Es folgen zahlreiche Seiten zur Region. Im ersten Moment war ich etwas abgeschreckt, doch am Ende eher enttäuscht, als ich die letzte Seite umblätterte. Kinzel bringt dem Leser auf diesen Seiten nicht nur die Geologie, die Schutzgebiete (Verhaltensregeln im Nationalpark!) , und den Reichtum der Natur in der böhmischen Schweiz näher, sondern er informiert auch über die Besiedlung und die Geschichte des Gebietes. Vor allem letzteres fand ich sehr interessant. Im Text verweist er dabei (in Klammern) auch immer wieder auf Touren des Wanderführers, sodass man sich unmittelbar auf die Spuren der böhmischen Geschichte begeben kann. Bereits nach diesen Seiten war mir klar – die Böhmische Schweiz, die von uns oft so stiefmütterlich behandelt wird, obwohl sie sich doch in unserer nicht allzu fernen Umgebung befindet, ist landschaftlich und geschichtlich ein Gebiet, dass definitiv eine Erkundung lohnt.

Die Tourenbeschreibungen sind in gewohnter Weise aufgebaut. Die Einleitungstexte sind gleichermaßen informativ und kurzweilig und vermitteln einen recht guten ersten Eindruck von der jeweiligen Tour. Die Beschreibungen selbst sind m.E. sehr gut. Kinzel verweist explizit auf unmarkierte Strecken, hebt kleine Details, auf die es dann zu achten gilt, hervor und macht des Leser auch sonst auf Sehenswertes aufmerksam. Ich denke, dass eine Orientierung mittels der Texte und einer zusätzlichen Karte so definitiv sehr gut möglich ist. Die kleinen, dem Text beigefügten Wanderkärtchen im Maßstab 1:50.000 bzw. 1:75.000 dienen ebenfalls gut der Orientierung, und sind zumindest auf markierten Wegabschnitten sicherlich ausreichend. Nicht fehlen darf natürlich auch das Höhen-Zeit-Diagramm, dass gemeinsam mit dem Wanderkärtchen den Wanderer immer über den Fortschritt der Tour informiert.

Wirklich gut finde ich die Vielfalt an ausgesuchten Wanderungen, die definitiv keine Wünsche offen lassen. So kann man es nicht nur auf eher kürzen Touren gemütlich angehen lassen, sondern auch tief in die Natur der Böhmischen Schweiz eintauchen und auf bis sechs Stunden langen Wanderungen zudem seine Kondition testen. Die meisten Touren übrigens bewegen sich von der Wanderzeit im angenehmen Korridor von drei bis vier Stunden. Sind die Strecken auch für den Nachwuchs geeignet, verweist darauf ein kleines Piktogramm.

Also die Wanderschuhe geschnürt, den Rucksack gepackt und bereit, die Natur und Kultur zu entdecken!

Christiane Fischer

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