Zum Feiern schön

„So gehet hin an diesem Euch freygegebenen Tage ins ferne Thüringen und tuet Buße dafür, dass andere ein redlich Tagwerk schaffen! So soll es Euch wohl ergehen!“

Er hat es nicht gesagt, aber bestimmt hätte er es, wenn es ihm eingefallen wäre. Luther hätte jedenfalls unserem Ansinnen aufgeschlossen gegenüber gestanden. Fast 30 große und kleine Kletterfreunde machten sich auf den Weg, um gemeinsam an den geschraubten Quälereien zu büßen. Diesmal ließen wir den traditionellen Pilgerpfad nach Jena rechts liegen und begingen zeitgemäß die Energiewände in Weimar. Die nagelneue DAV-Halle, die in diesem Jahr eröffnet wurde, zu testen, war kein großes Risiko, denn ein paar von uns waren schon einmal da und konnten sie wärmstens empfehlen. Die Auswahl an wirklich gut geschraubten Routen ist riesig – Yannick hat mal gezählt: Allein 52 Routen gibt’s von 6- bis 7+, natürlich auch etliche darunter und darüber. Dazu gibt es einen Anfänger- und einen Boulderbereich. Alles in allem nicht Jugendstil, sondern eher Hütte – ein schnörkelloses, praktisches und bestens durchdachtes Bergsportdomizil und Vereinszentrum, gebaut für Training, Wettkampf und Begegnung. Die Fotogalerie an den Wänden reflektiert eine gesunde Vereinslandschaft mit bester Nachwuchsarbeit.

Die Zahlen an den Routen waren oftmals ein bisschen Balsam für das Ego, etliche wuchsen an diesem Tag über sich selbst hinaus. Spaß machten die neuen Griffe, die noch schön rau und bestens zu halten waren und an Schuhsohlen und Fingerkuppen gleichermaßen gut raspelten. Spaß machte es auch zu sehen, dass in den wenigen Wochen seit dem letzten Mal schon wieder einiges an neuen Routen dazu gekommen war. Ich hörte von keinem von uns eine negative Einschätzung. Vom späten Vormittag bis halb sechs wurde geklettert, was Muskel und Geist hergaben. Dann rückten wir in immer noch stattlicher Zahl im „Felsenkeller“ in Weimar ein, der ersten Thüringer Gasthausbrauerei. Wenn schon Krabbelgruppenfahrt, dann auch als GTA (Schuljargon für Ganztagsangebot), sagte sich Schumi, der allein kämpfende Cheforganisator von det janzen, und sorgte mit der Wahl der Gastronomie für weiteren Augenglanz. Außerdem lud er gleich noch die Weimarer Freunde ein, vor allem den Osterkletterfahrern aus der Saupsdorfer Hütte bestens bekannt, die dem Angebot – nach Feierabend natürlich – gerne folgten. Ein willkommener Anlass, um sich auch zwischendurch einmal zu sehen. Saisonal selbstgebrautes Bier, deftige Speisen, umgeben von netten Leuten, eine angenehme Mattigkeit in den Gliedern – der Tag klang leise aus, auch wenn noch ein Stück Heimreise anstand.

Ich denke, ich spreche allen aus dem Herzen, wenn ich sage, dass es eine wunderschöne Kletterfahrt war, die zu wiederholen keinem schwerfallen wird. Der Dank an Schumi ist nicht Pflicht, sondern Bedürfnis. Insgesamt ist, so denke ich, ein Stückchen Demut für einen gelungenen Buß- und Bettag angebracht. Der Muskelkater am nächsten Tag hält die Erinnerung daran noch ein bisschen wach.

Frank Weller

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